Der Zauber von Forchheim verbindet

Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein

07. Mai 2020

Ansprache des Oberbürgermeisters Dr. Uwe Kirschstein zur neuen Amtsperiode 2020-2026 anlässlich der konstituierenden Sitzung des Stadtrates der Stadt Forchheim

Stadtratssitzung, 07.05.2020
Kolpinghaus, Kolpingsplatz 1, 91301 Forchheim

Heute haben wir uns zu einer ganz besonderen Sitzung eingefunden. Erlauben Sie mir bitte vor Einstieg in die Tagesordnung und unseres gemeinsamen Startes in das geschäftige Treiben noch einige Augenblicke innezuhalten.

Eigentlich sollten wir heute in einem größeren Rahmen zusammenkomme. Eigentlich sollten eine Vielzahl von Familienmitgliedern und Ehepartnern, eine große Besucherschar aus der Bevölkerung dieser Sitzung beiwohnen. Eigentlich.

In diesen Tagen beginnen leider viel zu viele Sätze mit "eigentlich". Grund ist noch immer Corona. Erst am Dienstag haben unser Ministerpräsident und die Staatsregierung weitere Lockerungen, die wir alle herbeigesehnt haben, in Aussicht gestellt. Das wichtigste Gebot des Abstandhaltens gilt natürlich weiterhin, denn niemand von uns nimmt die Corona-Pandemie auf die leichte Schulter – im Gegenteil: wir gehen gemeinsam und verantwortungsbewusst damit um.

Eigentlich hätte diese Sitzung ihren Anfang in einem gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst gefunden. Und eigentlich hätte es zum Schluss eine Aufstellung zum Gruppenfoto gegeben bevor wir zum gemütlichen Teil übergegangen wären. Freundschaftliche Umarmungen, Glückwünsche und der enge vertrauliche Austausch, der jeder Sitzung und auch dieser gefolgt wäre. Eigentlich.

Wir finden uns heute hier zusammen, um gemeinsam die neue Amtsperiode 2020-2026 des Stadtrates der Stadt Forchheim zu beginnen. Die Anrede "Kollegin" oder "Kollege" ist für 16 von Ihnen gänzlich neu in diesem Gremium. Aber es ist auch das, was unsere Arbeit ausmacht.

Kollege, lateinischen Ursprungs als "collega" kann übersetzt werden mit "Amtsgenosse" oder "Standesgenosse". Heute eher geläufig unter Beschäftigten desselben Unternehmens.

Und so trifft es auch auf uns zu: wir sind auch Kolleg*innen. Wir arbeiten gemeinsam in und an und für unsere Stadt Forchheim. Dies ist ein gesamtheitlicher Ansatz und Anspruch zugleich. Diesem Leitgedanken folgend, ist die Zugehörigkeit zu einer Partei oder Gruppierung nachrangig. Die Stadt Forchheim steht immer und jederzeit im Vordergrund. Genau diese Form der Zusammenarbeit will ich Ihnen anbieten, getragen von Offenheit und Ehrlichkeit. Hierzu strecke ich meine Hand weit aus. Und ich hoffe auf das Gleiche von Ihnen: offene, ehrliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit – parteiübergreifend und politikübergreifend.

Ich denke, uns alle vereint das Ziel, Forchheim weiterzuentwickeln und in eine gute Zukunft führen zu wollen. Sicherlich mögen sich unsere Wege dahin in nächsten 6 Jahren immer wieder unterscheiden. Das ist Demokratie. Und das ist sogar sehr wichtig. Es muss uns gemeinsam gelingen, im Wettbewerb der Ideen den besten Weg herauszufinden und dann konsequent einzuschlagen. Dieser Weg wird weder zu 100 Prozent rot sein, noch schwarz, grün, orange oder gelb. Manche nennen das einen Kompromiss.

Ich sage: das ist unser gemeinsamer Weg. Dieser Weg ist bunt. Weil auch Forchheim bunt ist.

Wir sitzen hier weitverteilt in gebührendem Abstand zueinander. So füllen wir den großen Kolpingsaal gänzlich aus. Der Kolpingsaal ist heute noch gefüllt mit Stadtratsmitgliedern, künftig spielt hier aber eine andere Musik – oder Theater, oder Kunst, oder Tanz. Das Kolpinghaus wird nun neue Heimstätte für die Forchheimer Kulturlandschaft. Dafür sind in den letzten Jahren die Weichen gestellt worden. Das setzen wir in diesem Jahr um. Daher gleich vorweg: dass wir unsere Sitzungen hier abhalten, steht nicht im Widerspruch zu den laufenden Umbau- und Ertüchtigungsplänen. Wir nutzen lediglich die Zeit, in der dieses Haus ungenutzt ist. Zur Klarstellung: keine Sitzung des Stadtrates oder der Ausschüsse, die ebenfalls zu Corona-Zeiten hier stattfinden sollen, wird zu einer Verzögerung der Umbaumaßnahmen führen. Falls es hier zu Terminkonflikten kommt, dann weichen wir mit unserer Sitzung aus – und sei es in eine Turnhalle. Priorität 1 haben hier die Umbau- und Ertüchtigungsmaßnahmen.

Auch das ist eine Folge der erfolgreichen letzten vier Jahre. Die Mitglieder der vorherigen Stadtratsperiode haben den Kulturentwicklungsplan erstellt, das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept beschlossen, ein Klimagutachten verabschiedet. Lichtkonzept, integrierter Energienutzungsplan, Ausbaustrategie Elektromobilität, Glasfaserausbau und Photovoltaik. Wir haben inzwischen eine internationale Forschungseinrichtung in der Stadt: mit dem INAM im Medical Valley Center ist auch das renommierte Fraunhofer Institut nach Forchheim gekommen. Es gab einen Wettbewerb zur Umgestaltung des Paradeplatzes. Wir haben ein seniorenpolitisches Gesamtkonzept, ein Tourismuskonzept, einen Feuerwehr-Bedarfsplan und einen Lärmaktionsplan beschlossen. Das Katharinenspital wurde neu errichtet. Die Klinikfusion wurde endlich Realität. Nach dem Fachplan Wohnen sind über 1300 neue Wohnungen entstanden. Auch ein neues Baulandmodell gibt es. Mit der sog. Forchheimer Liste des Einzelhandelskonzeptes haben wir massiv die Innenstadt gestärkt. Und auch für unser gesamtstädtisches Verkehrskonzept gab es im März bereits den ersten Bürger*innen-Workshop. Der Umzug zweier Sportvereine wurde detailliert ausgestaltet und vorbereitet – das alleine war ein Vertragskonvolut von 11 Einzelverträgen mit weit über 300 Seiten Vertragstext. Daneben noch Schulneubau, Schulsanierung und Ausbau unserer Kitas. Allein die bereits beschlossene Ausbaustrategie der Kindertagesstätten führen zu rund 350 neuen Betreuungsplätzen ab 2020. Das ist eine Steigerung zum Stand heute von über 25%. Bei dieser Betrachtung ist das künftige Kita im Philosophenviertel noch gar nicht eingerechnet. Im selben Zeitraum haben wir durch eine weitsichtige Wirtschaftspolitik die Rahmenbedingungen für rund 2.000 neue, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen. All das sind wichtige Voraussetzung, so dass wir in den letzten vier Jahren über 80 Mio. Euro investieren durften – und gleichzeitig die städtischen Schulden halbieren konnten und so die künftigen Generationen entlasten.

An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich und persönlich bei allen ganz herzlich bedanken, die dieses große Arbeitspaket möglich gemacht haben. Das war in Summe eine wahre Mammut-Aufgabe. Ich möchte mich bei allen Stadtratsmitgliedern heute bedanken und insbesondere auch bei den Kolleg*innen, die diesem neuen Stadtrat heute nicht mehr angehören. Umso mehr schmerzt es mich, dass Corona-bedingt unsere Alt-Stadtratsmitglieder heute nicht anwesend sein können. Ich sage heute an dieser Stelle und auf diesem Wege "Danke". Aber ich sage heute auch ganz bewusst noch nicht "Auf Wiedersehen" oder "Alles Gute", weil wir die Verabschiedung noch nachholen. In einem würdigen Rahmen. Wenn wir keinen Abstand mehr halten müssen. Wenn wir uns in den Arm nehmen können. Die aufrichtige und ehrliche Umarmung eines Menschen kann durch Worte nicht ersetzt werden. Das holen wir nach!

Darüber hinaus gilt mein Dank den Kolleg*innen der Verwaltung, ohne die unsere gemeinsame Arbeit im Stadtrat gar nicht möglich wäre.

Die nächsten 6 Jahre wollen wir gemeinsam unsere Stadt weiterentwickeln, voranbringen und für die Zukunft aufstellen. Ich wünsche mir, dass dieses gemeinsame Vorhaben stets getragen ist von einem gemeinsamen und wohlwollenden Geist.

Ich habe hierzu einige Zeilen aus einem Lied gefunden, die ich gerne für Sie rezitieren und uns allen, sozusagen als Leitbild, mit auf den Weg geben möchte:

"Deine Zauber binden wieder,
was die Mode streng geteilt,
alle Menschen werden Brüder,
wo dein sanfter Flügel weilt."

Sie haben es erkannt. Es ist Schillers "Ode an die Freude". Mit musikalischer Interpretation ist Ihnen dies vertraut als letzter Satz Beethovens Neunter. Dies ist im doppelten Sinne passend, denn auf den Tag genau am 7. Mai vor 196 Jahren (1824) dirigierte der zur diesem Zeitpunkt bereits völlig ertaubte Ludwig van Beethoven gemeinsam mit Michael Umlauf die Uraufführung seiner Sinfonie in Wien.

Wir wollen "Brüder" werden – heute sprachlich korrekter: wir wollen Geschwister werden. Wir wollen gemeinsam handeln und uns begegnen. Sinnbildlich steht hier die Generalsanierung des Rathauses und Umbau zum "Haus der Begegnung". Das neue "Haus der Begegnung" werden wir gemeinsam in dieser Amtsperiode feierlich einweihen und mit Leben füllen.

Themen und wichtige Aufgaben für die nächsten 6 Jahre liegen genügend vor uns. Wir werden uns weiter konsequent dem Wohnungsbau widmen – noch fokussierter auf den geförderten Wohnungsbau. Die wirtschaftliche Entwicklung und die Arbeitsplätze vor Ort sind wichtige Standortparameter. Der Ausbau des Hochschulstandortes Forchheim begleitet dies sinnvoll und nachhaltig und verschafft uns einen weiteren Standortvorteil. Nur so bewahren wir unser finanzielles Polster für weitere notwendige Investitionen. Paradeplatz, Hornschuchallee, Erstellung und Umsetzung des Verkehrskonzeptes hin zu einer fahrradfreundlichen Kommune, Gestaltung barrierefreier Bushaltestellen, vernünftige Bustaktung sowie An- und Einbindung in den Nah- und Fernverkehr der Bahn. Hier stehen ohnehin noch Großbaustellen an: Piastenbrücke und Bahnhof Forchheim-Nord sowie Lärmschutz und Schutz unserer Bürger*innen entlang der Bahntrasse. Daneben wollen wir die Entwicklung von Gewerbe- und Wohngebieten, neuen Kitas und neuen Schulen bzw. deren Erweiterungen vorantreiben – also mehr Betreuungsplätze in den Kindertagesstätten und neue Plätze in den Forchheimer Schulen schaffen. Aber auch die Sanierung unseres geliebten Kellerwaldes soll uns einiges wert sein – übrigens, die ersten Meter des neuen Geländers stehen schon.

Darüber hinaus müssen wir uns auch weiterhin mit dem schonenden Umgang unserer Ressourcen befassen. Unsere Tochter, die Stadtwerke Forchheim, ist uns gerade in diesem Bereich ein höchst wertvoller Partner. Alle städtischen Liegenschaften sind bereits mit dem Öko-Strom der Stadtwerke versorgt. Hierzu gehört aber auch, die eigenen Gebäude sinnvoll energetisch auf Stand zu bringen. Photovoltaik bauen wir gemeinsam aus. Bei der Mobilität sind bereits wichtige Parameter in Richtung Elektromobilität und alternative Antriebskonzepte gesetzt worden. Hier wollen wir in dieser Partnerschaft auch ein Car-Sharing für Forchheim umsetzen. Zusätzlich wollen wir mehr in den Klimaschutz investieren: hier sehe ich insbesondere unseren Stadtwald und den Ausbau der erneuerbaren Energie. So befindet sich unsere erste Freiflächen-PV-Anlage im Forchheimer Norden bereits in der Umsetzungsplanung. Aber auch die Flächensparoffensive muss auch in Forchheim ihre Anwendung finden. Dazu müssen wir verstärkt über höhere Gebäude nachdenken.

Der Kulturentwicklungsplan wird nun mit den Akteuren aus dem Kulturpuls und allen weiteren Kulturschaffenden umgesetzt. Wir werden nicht nur ein Kolpinghaus haben, sondern viele weitere Kulturräume – für die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse, Nachfragen, Anforderungen und Veranstaltungsformate. Und ich bin mir sicher, dass wir den zusätzlichen Bedarf an größeren Veranstaltungsflächen gemeinsam erkennen – open-air übrigens genauso wie in einer Halle.

Raumbedarf steht auch in eigener Sache oben auf der Agenda 2026. Neue Feuerwehr-Gerätehäuser genauso wie ein Verwaltungsneubau, ein technisches Rathaus und neuer Bauhof um nur einmal ganz grob die drängendsten Anforderungen einer modernen Stadtverwaltung zu nennen. Dazu gehört auch die Digitalisierung – nach außen: in der Kommunikation mit den Bürger*innen genauso wie nach innen: verwaltungsintern, zwischen Stadtrat und Verwaltung aber auch interkommunal.

Abschließend möchte ich noch meinem scheidenden Bürgermeister Franz Streit danken. Du warst mir ein Freund, ein Weggefährte, ein Sparringspartner, ein Mentor und guter Ratgeber. Wir hatten wunderbare Jahre gemeinsam an der Spitze unserer Stadt. Ich freue mich darauf, dich in anderer Funktion an meiner Seite wiedersehen zu dürfen. Noch mehr freue ich mich aber, dass du mir weiterhin ein Freund bist.

So, liebe Kolleg*innen, lasst uns mit der Arbeit beginnen: zum Wohle unserer Bürger*innen und zum Nutzen der Stadt Forchheim, die wir lieben, die unsere Stadt ist.

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