Die ungleiche Verteilung der Mittel: Eine Stellungnahme der Stadt Forchheim zur Kreisumlage
Anfang Oktober diesen Jahres hatte die Stadt Forchheim mitgeteilt, dass ihre Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht in Bayreuth Erfolg hatte: Der Kreisumlagebescheid des Landkreises Forchheim für das Jahr 2014 wurde mit diesem Urteil aufgehoben. Der aktuelle Stand ist heute, dass der Landkreis Forchheim gegen das Verwaltungsgerichtsurteil Berufung einlegt. Um die Forchheimer Bürger zu informieren, möchte die Stadtverwaltung an dieser Stelle noch einmal die Beweggründe für die Klage der Stadt Forchheim erklären.
Im Kern ging es der Stadt Forchheim immer nur darum, auf kommunaler Ebene als gleichberechtigte Partnerin des Landkreises wahrgenommen zu werden: Dabei ist die Frage zu stellen, ob die Steuermittel zwischen den kommunalen Ebenen gerecht verteilt werden.
Hierzu ein Vergleich: Der Staat schüttet seine Steuereinnahmen an die Kommunen aus - Stadt und Landkreis sind also wie zwei Kinder des Staates, die am Küchentisch sitzen und auf den Suppentopf warten. Dabei besitzt die Stadt den Teller, der vom Staat gefüllt wird, aber nur der Landkreis den Löffel, um zu essen. Die Stadt muss warten, bis der große Bruder Landkreis "gegessen" hat und muss sich mit dem begnügen, was er ihr übrig lässt. Wie es auch bei realen Geschwistern wäre, führt so eine Rollenverteilung zu Unfrieden. Kluge Eltern könnten hier gerechte Grenzen ziehen und dafür sorgen, dass beide Kinder genug zu essen bekommen.
Die Ursache des aktuellen Rechtsstreits zwischen Stadt und Landkreis liegt in einer überhöhten Erhebung von Kreisumlage im Jahr 2014. Die Stadt Forchheim hielt die Kreisumlage für zu hoch, v.a. im Verhältnis zu ihren eigenen finanziellen Möglichkeiten. Die Stadt hat sich nur gegen eine Überlastung gewehrt. Sie hat ihre Aufgaben zu erfüllen, muss z. B. Schulen in einem gewissen Zeitraum sanieren, Kindertagesstätten sanieren, erweitern und neu bauen und Straßen instand halten. Wenn sie das nicht mehr in einer angemessenen Zeit leisten kann, weil der Landkreis ihr zu viele ihrer Mittel entzieht - ihr zu wenig Mittel lässt - verliert sie ihre Handlungsfähigkeit und Legitimation beim Bürger.
Es war nicht die Stadt, die diesen Streit bis zum gerichtlichen Ende ausfechten wollte, sondern der Landkreis, der seit der Erhebung der Klage im Jahr 2014 keinen Deut von seiner Ursprungsposition nachgeben, kein Vergleichsangebot der Stadt an sich heran kommen lassen wollte. Dabei wären die Anforderungen der Stadt sogar eher milde gewesen. Selbst im Gerichtssaal, als der Verlauf der Verhandlung schon Schlüsse zuließ, schlug der Landkreis die mit einem Vergleichsangebot noch einmal ausgestreckte Hand der Stadt erneut aus.
Die Gemeinden des Landkreises Forchheim sind weder "Mitglieder in einem Club", noch "entsenden" sie Mandatsträger in die Kreisorgane. Der Landkreis ist auch nicht der "König" der Gemeinden, er ist eine Kommune genauso wie die Gemeinden und der Bezirk. Alle drei kommunalen Ebenen haben ihre eigenen Aufgaben. Die Gemeinden haben das Verfassungsrecht der gemeindlichen Selbstverwaltung und die "Allzuständigkeit": Innerhalb ihrer örtlichen Gemeinschaft dürfen sie alle Aufgaben erfüllen, d.h. auch solche, für die es keine Fachgesetze gibt, wie z.B. ein Theater oder einen Weihnachtsmarkt zu betreiben.
Landkreise und Bezirke dürfen den Gemeinden ihre Aufgaben nicht wegnehmen, auch nicht dadurch, indem sie ihnen erst durch überhöhte Umlagen die Geldmittel entziehen, um dann zu sagen: "Ihr könnt’s nicht mehr, also müssen wir das jetzt tun." Zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über die vielen Jahrzehnte seit 1952 gehört es, dass die Gemeinden sich "kraftvoll betätigen" können müssen. Sie dürfen nicht finanziell ausgehöhlt werden.
Ein wichtiger Punkt im vorliegenden Streit ist, dass die Stadt Forchheim die Auffassung vertritt, der Landkreis nehme mit seiner überhöhten Kreisumlageforderung nicht genügend Rücksichtauf die finanzielle Lage seiner Gemeinden, was er allerdings nach aktuellen Rechtsprechung tun müsste. Laut Auffassung der Stadt weiß der Landkreis gar nicht um die finanziellen Verhältnisse seiner Gemeinden, denn seine Informationen, die er vom statistischen Landesamt erhält, beziehen sich auf die Verhältnisse von vor zwei Jahren. Also kann der Landkreis auf die aktuellen Entwicklungen in den Gemeinden gar nicht reagieren, weil ihm Informationen dazu fehlen. Es gibt keinen äußeren Zwang, der ihn dazu bringt, sich diese Informationen einzuholen und keinen Zeitraum, in dem die Gemeinden ihre aktuellen Bedürfnisse anmelden können.
Eine außerordentliche Merkwürdigkeit in dem Rechtsstreit zwischen Stadt und Landkreis ist, dass es für jeden Verwaltungsakt einer bayerischen Behörde an Dritte nach bayerischem Landesrecht eine Anhörungspflicht gibt (Art. 28 BayVwVfG), dass aber kein Landkreis in Bayern dies bei seinen Kreisumlagebescheiden an seine Gemeinden gegen sich gelten lässt. Die Durchführung von Anhörungen ist also hier schlicht nicht üblich.
Dieser Anhörungsmangel ist der Grund, weswegen den Landkreisen entscheidende Informationen fehlen, um eine angemessene, gerechte Kreisumlage festzusetzen, die Gemeindeinteressen und Landkreisinteressen abwägen würde.
In den Medien wurde berichtet, dass einzelne Kreisausschuss-Mitglieder für sich geltend machten, sie seien ja auch gemeindliche Mandatsträger – insofern könnten sich die Gemeinden nun ja auch als angehört betrachten, wenn sie, die Mandatsträger, den Kreishaushalts-Entwurf absegnen würden.
Jedoch hatten diese Doppelmandate noch keine konkrete Auswirkung für das Verhältnis zwischen Landkreis und Gemeinden. Verschiedentlich waren dagegen in der Zeitung Äußerungen von Kreisräten zu lesen, man mache doch jetzt im Kreistag keine Gemeindepolitik, sondern Landkreispolitik, man solle doch nun das Kirchturmdenken beiseitelassen u. dgl. Diese Äußerungen zeigen aber, dass diese Art von Informationsfluss zwischen Gemeinden und Landkreisen überhaupt nicht funktioniert und keine praktische Auswirkung hat. Vor allem haben die Gemeinden keinen finanziellen Nutzen davon.
Kreisräte, die auch Bürgermeister oder Gemeinderäte sind, sind eben gerade keinerlei "Entsandte" ihrer Gemeinden. Im Übrigen ist das auch nicht ihr Mandat: Nicht die Gemeinden entsenden die Kreisräte, sondern sie werden von den Bürgern als Kreisräte in der Kreistagswahl gewählt.
Wenn jemand ca. ein Viertel Ihres Einkommens von Ihrem Konto abbuchen will: Möchten Sie da nicht auch, dass Sie darüber einmal vorher informiert werden und ggf. mitreden? Nun, so ist das mit den umlagezahlenden Gemeinden auch: Sie wollen auch nicht einfach "Objekt" einer einseitigen Entscheidung von Kreisorganen sein.
Tatsächlich ist es so, dass durch die fehlende Anhörung dem Landkreis Informationen für eine gerechte und ausgewogene Entscheidung fehlen! In jedem verwaltungsrechtlichen Verfahren gibt es ein Anhörungsrecht.
Auch in Gerichtsverfahren gibt es das im Grundgesetz verankerte "rechtliche Gehör" (Art. 103 Abs. 1 GG). Im Rechtsstaat dürfen also die Betroffenen bei Entscheidungen, die sie selbst betreffen, mitwirken. Dies ist in unserem Staatswesen Gang und Gäbe, nur bei der Kreisumlage nicht - obwohl die Gemeinden Rechtsträger sind, juristische Personen, hinter welchen die Interessen ihrer Bürger stehen!
Durch die fehlenden Stellungnahmen der Gemeinden fehlt überhaupt erst eine Interessensabwägung - diese aber ist der Kern jeder rechtsstaatlichen Entscheidung und gehört zum normalen, rechtsstaatlichen Standard! Anhörung, und Abwägung unter Anwendung des grundgesetzlichen Gleichbehandlungssatzes sollten eine gar nicht erst zu diskutierende Selbstverständlichkeit sein!
Zu diesem Abwägungsausfall kommt noch hinzu: Nicht nur entscheiden die Landkreise allein über die Verteilung der Mittel zwischen sich und den Gemeinden, sondern sie sind auch noch der Nutznießer ihrer einseitigen Entscheidung!
In dieser Komfort-Zone lebt es sich leicht. Während die Stadt Schulden machen muss, wenn sie Investitionen anpacken will, legt sich der Landkreis über Jahre hinweg einen Liquiditätsbestand von 17 Mio. € zu, den er aus der Kreisumlage mehrerer Jahre zusammengetragen hat. Gegen eine derartige, fortgesetzte Ungleichverteilung sind leider keinerlei gesetzliche Schranken errichtet worden. Diese müssten dringend nachgebessert werden! Auch um hierüber ein neues Nachdenken anzustoßen, ging die Stadt Forchheim als wirklich sehr großer Kreisumlagezahler mit ihrer gerichtlichen Überprüfung für alle Gemeinden in Vorleistung. Denn die Stadt Forchheim stellt ca. ein Viertel der Landkreis-Bürger und zahlt auch ca. ein Viertel der gesamten Kreisumlage aller 29 Gemeinden. In anderen Landkreisen sind die Verhältnisse oft nicht so extrem, dass eine einzige Gemeinde größer ist als viele der größeren anderen Gemeinden zusammen. Es ist deswegen kein Zufall, dass ausgerechnet Stadt und Landkreis Forchheim in eine solche Konkurrenzsituation geraten sind. Dies hat eben auch demografische Gründe.
Die hohen Guthaben des Landkreises - rd. 17 Mio. € lt. seinem eigenen Jahresabschluss 2016 - sind einem öffentlichen Nutzen weitgehend entzogen. Gleichzeitig sollen aber die Gemeinden Schulden machen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Schulden der Gemeinden kosten aber schließlich auch Geld, und das belastet letztendlich den Bürger. An Stelle einer Haushaltsführung, die den Gemeinden möglichst viele ihrer eigenen Mittel belässt, lagert der Landkreis hohe Geldummen - letztlich aus Steuergeld - auf seinen Konten. So wird das Steuergeld der Bürger nicht für öffentliche Aufgaben verwendet, sondern verliert inflationsbedingt in seinem Wert, und das bei heute oft negativer Bank-Verzinsung!
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth, wenn es so auch in der Berufungsinstanz erhalten bleibt, betrifft alle Gemeinden als Kreisumlagezahler und alle kreisfreien Städte als Bezirksumlagezahler. Alle, die am Ende der Mittelverteilungskette stehen, würden in ihren Rechten gestärkt! Wie schon im Oktober angesprochen: Für den einzelnen Bürger wird dieses Urteil keine Nachteile haben. Es geht lediglich um die Frage, welchen Anteil der Einnahmen der Gemeinden der Landkreis abschöpfen darf. Nimmt ihnen der Landkreis künftig weniger ihrer Einnahmen ab als bislang und betreibt er eine sparsamere, nachhaltigere Haushaltsführung, können die entlasteten Gemeinden im Gegenzug ihre Aufgaben besser erfüllen.
Quelle: Forchheimer Stadtanzeiger, Nr. 25/26/17, S. 2-3, siehe: http://www.forchheim.de/content/stadtanzeiger