Jahresschlussansprache des Oberbürgermeisters 2018

Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein

21. Dezember 2018

Anlässlich der Weihnachts-Stadtratssitzung vom 19.12.2018 durfte ich auf das gemeinsame politische Jahr in Forchheim zurückblicken.

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) kürt seit 1977 regelmäßig Wörter und Wendungen, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben eines Jahres sprachlich in besonderer Weise bestimmt haben. Häufig hört man das gewählte Wort jedoch im Zuge seiner Verkündung überhaupt zum ersten Mal. Beispiel gefällig? Wie wäre es mit 2014? Es hieß "Lichtgrenze". Vergangenen Freitag wurde nun das Wort für 2018 verkündet: "Heißzeit".

Die Fachjury begründet: "es beschreibe den extrem heißen und langen Sommer, erinnere aber auch an den Klimawandel." Außerdem sei "Heißzeit" mit seiner lautlichen Ähnlichkeit zu Eiszeit eine interessante Wortbildung, so die Sprachexperten weiter. Wir sprechen also über ein Wetterphänomen. "Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen" ist in diesem Zusammenhang eine gern gehörte Floskel. Doch wann genau war das eigentlich? Eine schnelle Recherche fördert die Jahre 1851, 1871 oder 1881 als den möglichen Beginn der Wetteraufzeichnung zutage. Wir können übereinstimmend festhalten: auf jeden Fall also schon vor einigen Jahren. Ganz solange aber brauchen wir gar nicht zurück zu gehen. Nur bis ins Jahr 2003. Dieser Sommer war heißer als 2018. Muss also "Heißzeit" am Ende sogar "postfaktisch" verstanden werden? Übrigens das Wort des Jahres 2016.

Die Zeit vor Weihnachten ist die Zeit, in der man auf das fast abgelaufene Jahr zurückblicken darf. Welches Wort würde also für Forchheim und unsere Arbeit im Stadtrat passen? Ich persönlich würde dazu sogar noch etwas weiter zurückblicken wollen, nämlich auf den Herbst 2017. Wir waren in sehr intensiven Runden und Debatten mit unserem Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) beschäftigt, um zur Weihnachtssitzung des Stadtrates (20.12.2017) auf der Zielgeraden ankommen zu können. Wir erinnern uns, wir hatten für die Fertigstellung des ISEKs eine feste Frist gesetzt bekommen. Verwaltungsintern wurde diese Zeit aufgrund der hochverdichteten aber notwendigen Sitzungsfolge als "Herbstoffensive" bezeichnet. Ähnlich wie die "Heißzeit" den langen Sommer beschreibt, muss ich feststellen, dass die "Herbstoffensive" nicht mit dem Herbst endete, sondern sich eigentlich das gesamte Jahr 2018 fortsetzte. Es scheint fast so, als gäbe es für unsere politische Arbeit nur noch eine Jahreszeit. Wir werden allein in diesem Jahr nach der heutigen Sitzung, im Übrigen der 64., in diesem Jahr beinahe 700 Themenpunkte diskutiert haben. Die Vorbereitungen in Ihren Fraktionen und Gruppierungen sind dabei genauso wenig eingerechnet, wie Aufsichts- oder Verwaltungsratssitzungen oder gar die vielen Vorab-Runden in der Verwaltung, bis ein Thema überhaupt bis zum Sachvortrag gereift ist. Das Arbeitspensum und die damit einhergehende zeitliche Verdichtung aller Beteiligten ist also enorm.

Das ist für mich der passende Zeitpunkt, sowohl Ihnen, meine Damen und Herren Stadträte, als auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der städtischen Verwaltung meinen herzlichsten und aufrichtigen Dank auszusprechen. Wir haben auch in diesem Jahr gemeinsam ein großes Stück Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Forchheim vollbringen können.

In Dankbarkeit auf das Jahr zurückzuschauen, heißt auch, sich an die zu erinnern und zu ehren, die heute leider nicht mehr sind. 2018 sind für immer von uns gegangen:

(Totengedenken)

Während wir auf das Jahr zurück blicken, sehen wir viele Megathemen, die wir 2018 erfolgreich abgearbeitet oder aber endlich begonnen haben. Ich erinnere z.B. an Klinikfusion, Rathaus-Sanierung, Umsiedlung Jahn, Übernahem Kolpinghaus, Kulturentwicklungsplan, Citymanagement, Paradeplatz, neues Baulandmodell oder aber auch den Feuerwehrbedarfsplan. Die Landesgartenschau hat sich für uns leider nicht erfüllt.

Kürzlich erst haben wir im Planungsausschuss schon den Blick ins neue Jahr gewagt: mit Verkehrskonzept und Lichtkonzept können wir wichtige und nachhaltige Meilensteine für unsere Stadtentwicklung setzen. Abstimmungen zum Nahverkehrskonzept des Landkreises sind genauso notwendig wie der Radwegebau zu und mit unseren Nachbarkommunen wie auch innerhalb des Stadtgebietes. Die Frage zur Zukunft des Kolpinghauses gilt es parallel zur Rathaus-Sanierung zu klären. Wie wird unser Veranstaltungsraumkonzept in der Stadt aussehen? Wie werden wir Gewerbe-Ansiedlungen steuern können? Wie können wir dem Leerstand entgegenwirken? Gerade hier sind in diesem Jahr bereits neue Impulse in unserer Innenstadt gesetzt worden.

Daneben werden wir uns 2019 wieder vorrangig einer der wichtigsten Fragen überhaupt widmen: wo können wir wohnen? Nach 2016, 2017 und 2018 wird auch im kommenden Jahr das Thema "Schaffung von Wohnraum" das Megathema Nr. 1 sein. Allein in dieser Zeit wurden über 600 Wohnungen genehmigt und davon inzwischen weit über 350 Wohnungen fertiggestellt. Quasi nebenbei schultern wir gemeinsam auch noch Großprojekte wie das Philosophenviertel oder den Pointäcker-Süd. Diese Wohnungen sind in der Rechnung noch gar nicht dabei.

Dennoch, jeden Freitag in meiner Bürgersprechstunde ist dieses Thema das Thema Nr. 1: "Herr Oberbürgermeister, wir suchen eine Wohnung!" ist die meistgeäußerte Bitte, die ich zu hören bekomme. Mit deutlichem Abstand dahinter folgt als zweitwichtigstes Thema die Frage der Kinderbetreuung. Als Sofortmaßnahme konnten wir mit der Eröffnung der Kita Lindenanger oder der aktuell laufenden Erweiterung des Gerhardinger Kinderhauses schnell reagieren. Mit etwas mehr Vorlauf wird der Neubau neben unserem Carl-Zeitler-Kindergarten große Potenziale entfalten. Erst danach kommen mit riesigem Abstand weitere Themen, die den Forchheimerinnen und Forchheimern auf den Nägeln brennen. Nicht jedes Thema, das gelegentlich sehr öffentlichkeitswirksam positioniert wird, scheint die Breite der Bevölkerung tatsächlich umzutreiben.

Die Welt ist im Wandel. Deutschland ist im Wandel. "Prosper Haniel" und "Anthrazit Ibbenbüren". Zwei Namen, die hier vermutlich nur Wenigen etwas sagen werden. Es sind die Namen der letzten beiden verbliebenen Zechen im Ruhrgebiet, die im Dezember 2018 geschlossen werden. Nur unweit meiner ersten Heimat geht damit der seit über 150 Jahre dauernde Steinkohlebergbau in Deutschland zu Ende. Warum erwähne ich das gerade heute? "Strukturwandel" ist ein Begriff, der das, was dabei passiert, nur unzureichend beschreibt. Denn der Begriff übersieht die Menschen. In der Folge des Steinkohleausstiegs sind über 500.000 Arbeitsplätze verschwunden. Und damit die Lebensgrundlage für über 500.000 Familien im Ruhrgebiet. Einen solchen Wandel gilt es zu steuern.

Einen Strukturwandel mussten wir in Forchheim auch durchleben und er ist bis heute nicht abgeschlossen. Seit diesem Jahr haben wir deutlich über 16.000 Arbeitsplätze in der Stadt. Seit diesem Jahr haben wir einen positiven Pendlersaldo. Wir haben also mehr Ein- als Auspendler. Wir können damit also theoretisch allen Forchheimerinnen und Forchheimern einen Arbeitsplatz im Stadtgebiet bieten. Theoretisch. Wer von Strukturwandel spricht, meint aber nicht nur einfache wirtschaftliche Kennzahlen. Der Strukturwandel, den Forchheim auf wirtschaftliche Ebene erlebt, hat daneben tiefgreifende soziale, psychische, kulturelle und natürlich auch politische Folgen. Wir stecken also noch mitten drin und es wird sich zeigen, wie wandlungsfähig unsere Stadtgesellschaft ist.

Ein besonderes Dankeschön möchte ich jedoch allen zurufen, die zu ihrer Zeit Verantwortung getragen, mutige Entscheidungen getroffen und somit den Strukturwandel eingeleitet haben. Die Auswirkungen der Entscheidungen zu Beginn eines Strukturwandels sind oftmals erst viele Jahre später erkennbar. Danke an die Stadtväter und -mütter, die seinerzeit so besonnen und klug agierten. Ich hoffe, dass wir diesem Vorbild folgen können, um in der Phase des Strukturwandels, in der wir uns heute befinden, ähnlich gute Entscheidungen treffen zu können. Unsere Stadt verändert sich also unaufhörlich weiter. Unsere Aufgabe ist es, diesen Wandel zu steuern und positiv zu begleiten. Wir werden viel Kraft brauchen, um auch im neuen Jahr 2019 zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger zu entscheiden und die Weichen richtig zu stellen. Deshalb wünsche ich Ihnen allen und Ihren Familien und Freunden ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest. Genießen Sie die nun hoffentlich einkehrende Ruhe und Besinnlichkeit, damit wir uns gemeinsam ab Januar wieder kraftvoll den kommenden Aufgaben widmen können.

Ich freue mich auf 2019, auf die anstehenden Aufgaben und die hoffentlich konstruktive Zusammenarbeit mit Ihnen!

Frohe Weihnachten und ein glückliches neues Jahr!